Pass auf, was Du sagst!

Das Handwerk spricht eine klare Sprache. Zuweilen müssen sich sogar Gerichte mit verbalen Gefechten in Handwerksbetrieben beschäftigen. Manches deutliche Wort ist dabei rechtlich nicht zu beanstanden, wie das Landesarbeitsgericht Köln am 30. Dezember 2010 urteilte. 

Ein Dachdeckergeselle war seit mehreren Jahren in einem Dachdeckerbetrieb beschäftigt. Im Jahre 2009 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Junior-Geschäftsführer über rechtswidrig zwar vom Lohn abgezogene, aber nicht an die Pfändungsgläubiger abgeführte Beträge. In diesem Zusammenhang wurde die Ehefrau des Dachdeckergesellen als „asozial“ bezeichnet. Der Geselle schrie den Junior-Geschäftsführer mit den Worten „Pass bloß auf, was Du sagst!“ und „Pass bloß auf, Junge!“ an. 

Daraufhin wurde der Geselle fristlos gekündigt. Der Betrieb war der Auffassung, dass es sich kein Chef bieten lassen müsse, vor allen anderen Mitarbeitern angeschrieen zu werden. Durch die Anrede „Junge“ und er möge aufpassen was er sage, sei der Junior-Geschäftsführer vor den anderen Mitarbeitern so abgewertet worden und dessen Autorität angezweifelt und bedroht worden, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen sei.

Das Landesarbeitsgericht Köln hielt die fristlose Kündigung für rechtsunwirksam. Nach § 626 Abs. 1 BGB kommt eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nur in Betracht, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. 

Das Landesarbeitsgericht Köln erkannte kein pflichtwidriges Verhalten des Dachdeckergesellen: Vor dem Hintergrund der Beleidigung seiner Ehefrau könne es nicht beanstandet werden, wenn der Geselle unmissverständlich deutlich mache, dass er eine solche Beleidigung nicht hinnehme. 

Seine Äußerungen seien eine „nicht zu beanstandende [. . .] Warnung an die Adresse des Junior-Geschäftsführers [. . .] von weiteren Beleidigungen [. . .] abzulassen“. Der Junior-Geschäftsführer habe sich durch sein Verhalten seiner Autorität selbst beraubt, so dass diese nicht mehr herabgesetzt werden konnte. 

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln finden Sie unter: www.justiz.nrw.de/, den Text von § 626 Abs. 1 BGB unter: www.gesetze-im-internet.de/bgb/__626.html.

Marcel Pissarius

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