Handwerksbetriebe bewerten Konjunkturpaket unterschiedlich "Vorstand vor Ort" Potsdam/Potsdam Mittelmark
Der Präsident der Handwerkskammer Potsdam, Robert Wüst, sowie die Vorstandsmitglieder Dörte Thie und Burghard Ehlert besuchten am 19. August gemeinsam mit der Geschäftsführung acht Handwerksbetriebe in der Region Potsdam und Potsdam/Mittelmark. Hintergrund der Gespräche waren die aktuelle Lage der Unternehmen, die Situation der Wirtschaft in der Region und konkrete Fragen, wo der Schuh drückt. Bestimmendes Thema der Besuche: die Corona-Nachwirkungen und das aktuelle Konjunkturpaket.
Die seit Juli gesenkte Mehrwertsteuer kommt bei Elektrotechniker-Meister Matthias Knaute nicht so gut an. „Ich wünschte, das hätte die Politik anders geregelt. Gerade bei langfristigen Bauleistungen ist das schwierig. Wir schreiben jetzt Rechnungen über Teilleistungen. Ich sorge mich, dass dieses Vorgehen später bei einer Steuerprüfung beanstandet wird.“ Anders sieht es Bäcker Didier Canet, der in Stahnsdorf einen Vierseiten-Hof restaurierte und eine französische Bäckerei mit Café eröffnete. „Wir hatten nicht geschlossen, aber einen starken Umsatzeinbruch. Ich habe keine Fördermittel erhalten, meine Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit geschickt. Die Mehrwertsteuer-Senkung gibt uns die Möglichkeit, etwas Luft zu holen.“
Sind die Handwerker geteilter Meinung beim neuen Konjunkturpaket, sind sie sich in einem Punkt weitgehend einig: Die Corona-Soforthilfen und vor allem das Kurzarbeiter-Geld haben geholfen, glimpflich durch die Krise zu kommen. Nachdem das Geschäft im Autohaus Marcinek im März in Verkauf und Werkstatt völlig zusammenbrach, ist Kfz-Technikermeister Tobias Marcinek nun froh, dass es seit Mai wieder aufwärts geht. „Die Kurzarbeiterregelung war für uns ein Segen und die wichtigste Unterstützungsmaßnahme in den vergangenen Monaten. Dafür bin ich echt dankbar“, so der Handwerker.
Die Mehrheit der besuchten Betriebe arbeitet wieder auf Vor-Corona-Niveau. Zahntechniker-Meisterin Grit Lüscher etwa erwartet ab Herbst einen Auftragsschub. Kunden haben den Besuch beim Zahnarzt lange hinausgeschoben und wollen „bis Weihnachten neue Zähne“, weiß die Handwerkerin aus Erfahrung. Dachdeckermeister Dietmar Kroop ist bis November ausgebucht, Installateur- und Heizungsbauermeister Martin Wiemann bis Ende des Jahres. Auch bei Raumausstatter Manfred Senger läuft es wieder, nachdem den kleinen Betrieb durch Corona zwei wichtige Kunden abgesprungen sind. Boots- und Schiffbauermeister Michael Grothe holt nun die Arbeiten nach, die er während der Kontaktsperren bei Kunden vor Ort nicht ausführen konnte.
Der Vorstand der Handwerkskammer Potsdam und der Kreishandwerkerschaft sind erleichtert, dass das Handwerk der Region aktuell auf so soliden Füßen steht. Ralf Schneider, Obermeister der Elektroinnung, kritisiert allerdings deutlich den Verwaltungsrückstand. „Egal ob Bau- oder Parkgenehmigungen, Ausländerbehörden für Arbeitsgenehmigungen oder Kfz-Zulassungsstellen – hier bewegt sich so gut wie nichts“, so Schneider. Das schade dem Handwerk enorm.
Die Handwerkskammer Potsdam besuchte folgende Betriebe:
- Autohaus Marcinek GmbH, Stahnsdorf
- Bäckerei Aux delices Normands GmbH, Stahnsdorf
- Boots- und Schiffbauermeister Michael Grothe, Werder
- Dachbau GmbH Kroop & Sohn, Michendorf
- Elektro Bau Beelitz GmbH, Beelitz
- Raumausstatter Manfred Senger, Teltow OT Ruhlsdorf
- Wiemann GmbH & Co. Heizung-Sanitaer-Solar KG, Seddiner See
- Zahntechnikermeisterin Grit Lüscher, Potsdam
Mit den Betriebsbesuchen setzte die Handwerkskammer Potsdam die seit 1997 stattfindenden traditionellen Vor-Ort-Gespräche bei Mitgliedsbetrieben fort.