Talkrunde Autofreie Innenstadt 27.02. (2)
HWK Potsdam

Potsdamer Unternehmerinnen und Unternehmer diskutieren mit Stadtverantwortlichen zum InnenstadtumbauOhne Wirtschaft keine Innenstadt

Es war eine emotionale Diskussion, in der Befürworter und Lösungssucher für eine autoarme Innenstadt  aufeinander trafen: Am Montagabend diskutieren mehr 80 Vertreter der Potsdamer Wirtschaft, unter ihnen viele in der Innenstadt ansässige Gewerbetreibende, im Meistersaal der Handwerkskammer Potsdam mit Bernd Rubelt, Potsdams Beigeordnetem für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, das geplante Innenstadtkonzept „Straßenräume neu denken“. Mit diesem stehen mehr als 400 Parkplätze zur Diskussion. Über die Pläne entscheidet die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung am 1. März 2023. Wirtschaftsverbände stellten dazu ein Forderungspapier vor.

Konsens herrschte, die Innenstadt attraktiver zu gestalten. Deutliche Kritik gab es jedoch an der vorgestellten Umsetzung. Aus Sicht der Wirtschaft fehlt das konzeptionelle Denken und die Schaffung der notwendigen Basis für die Umsetzung der städtischen Pläne: den Ausbau von P+R-Plätzen, Ausbau des ÖPNV aus dem Umland, Ersatzflächenbeschaffung und -angebote für wegfallende Parkflächen, Absenken der Gebühren für Parkhäuser und Parkflächen....  

Der Babelsberger Tischlermeister Matthias John, der maßgeblich mit seiner Tischlerei auf die Einfahrt und das Parken seiner Handwerkerfahrzeuge in der Innenstadt angewiesen ist, erklärt mit Blick auf die Aufgabe der Handwerkerinnen und Handwerker: „Für das Handwerk ist Parken im Innenstadtbereich notwendige Voraussetzung, um überhaupt arbeiten zu können. Unsere Fahrzeuge sind unsere verlängerte Werkbank, die wir benötigen, um Kundenaufträge erfüllen zu können, die übrigens auch von der Stadt erteilt werden. Wir können fest installierte Maschinen und Werkzeuge nicht einfach ausladen und auf die Baustelle tragen. Unsere Fahrzeuge fahren nicht nur, sie arbeiten auch.“ Unterstützung zur künftigen Parksituation in der Innenstadt erhielt er auch von Bäckermeister Gniosdorz: „Wer denkt an unsere Mitarbeitenden, für die weder das Fahrrad, noch der ÖPNV Optionen sind, zur Arbeit zu kommen? Wir kämpfen jetzt schon um jeden Mitarbeiter und mussten bereits die Erfahrung machen, was es heißt, wegen der Potsdamer Parksituation Fachkräfte zu verlieren.“ Rubelt erteilte dem eine Absage, indem er den Potsdamer ÖPNV als deutschlandweit einzigartig lobte. Hinweise von Unternehmerinnen und Unternehmern, unter ihnen auch Handwerksbetriebe aus vielen Branchen, dass Einpendelnde und Mitarbeitende sich wegen fehlender Möglichkeiten zur Nutzung des ÖPNV gegen die Innenstadt Potsdam entschieden, lies er unbeantwortet.

Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam Ralph Bührig fasste die Bedenken des Handwerks zusammen: „Die Steigerung der Attraktivität der Potsdamer Innenstadt liegt auch im Interesse der etwa 250 dort ansässigen Handwerksbetriebe. Die Erlebnisqualität muss aufgewertet werden. Dies durch eine autofreie Innenstadt erreichen zu wollen, ist jedoch der falsche Weg. Wirtschaftsverkehr muss in der Potsdamer Innenstadt weiterhin möglich bleiben. Viele Handwerksbetriebe sind darauf angewiesen, für ihre Kunden mit dem Auto erreichbar zu bleiben, mindestens, wenn Material und Waren zu transportieren sind oder körperlich Eingeschränkte bei einem Gesundheitsdienstleister Hilfsmittel bestellen, anpassen oder abholen möchten. Das vorliegende Konzept hat bei der Berücksichtigung von Lieferverkehren und den Möglichkeiten von Kurzzeitparken große Schwächen. Deshalb wird angeregt, das Konzept noch einmal zu überarbeiten.“

Deutlich machten die Diskutierenden ihrem Unmut Luft, dass die Diskrepanz zwischen Anwohnern in der Innenstadt und Einpendelnden, Kompromissvorschläge für wirtschaftsfreundliche Lösungen oder Auseinandersetzungen mit den Problemen der Unternehmerinnen und Unternehmern nicht ernst genommen würde. Das Fazit der Gewerbetreibenden und Handwerker war eindeutig: Es muss ermöglicht werden, dass alle Handwerker ohne große bürokratische Exzesse ihrer Arbeit in der Innenstadt und ohne Umstände beim  und mit den Kunden nachgehen können. Appelliert wurde an die Stadtverantwortlichen, ihre Entscheidungen noch einmal überdenken.

An seinem Versprechen im Laufe der Veranstaltung, absenkbare Poller zum Einfahren von Wirtschaftsverkehren zu ermöglichen und einen Handwerkerausweis aufzulegen, muss sich Bernd Rubelt im Ergebnis messen lassen: spätestens in zwei Jahren – nämlich dann, wenn er zur Evaluation der Maßnahmen mit den Unternehmerinnen und Unternehmern sprechen will.















 

Dr. Christiane Herberg

Abteilungsleiterin Wirtschaftsförderung, Umwelt und Technologie

Tel. +49 331 3703-170

Fax +49 331 3703-8170

christiane.herberg--at--hwkpotsdam.de

Visitenkarte speichern (.vcf)

Talkrunde Autofreie Innenstadt 27.02. (1)
HWK Potsdam

Talkrunde Autofreie Innenstadt 27.02. (3)
HWK Potsdam

Talkrunde Autofreie Innenstadt 27.02. (4)
HWK Potsdam