Der Karosseriebetrieb Hintze in der Wendezeit: hier mit neuer Richtbank, einem ¿Car-O-Liner¿. Damit setzte der Karosseriefachbetrieb die verbogendsten Karosserien instand.
Karosseriebtetrieb Hintze
Der Karosseriebetrieb Hintze in der Wendezeit: hier mit neuer Richtbank, einem ¿Car-O-Liner¿. Damit setzte der Karosseriefachbetrieb die verbogendsten Karosserien instand.

Rückblick: Der Karosseriefachbetrieb Hintze ist über 200 Jahre alt. Vor 30 Jahren war Wolfgang Hintze zunächst skeptisch, ob er den Sprung in die Marktwirtschaft schafft. Heute erinnert er sich an die Wendegeschichte seines Betriebs, der noch immer besteht.Mit Richtbank und Spezialwerkzeug in eine neue Zukunft

Text: Katja Wolf

Ostprignitz-Ruppin: Eine Richtbank samt Spezialwerkzeugen waren es, die Wolfgang Hintze damals den Weg in eine neue Zukunft ebneten. „Zu DDR-Zeiten war ich auf der Leipziger Messe unterwegs. Da gab es schon moderne Werkzeuge und eine Richtbank. Es brauchte die volkseigenen Betriebe, um Genex-Autos zu reparieren. Das hat mich damals schon beeindruckt“, erinnert sich Wolfgang Hintze, Seniorchef des gleichnamigen Karosseriefachbetriebs. Die „Genex Geschenkdienst GmbH“ kümmerte sich um Geschenke aus dem Westen in den Osten – auch Autos aus den alten Bundesländern waren dabei, kurz eben Genex-Autos.

Und so ist es nicht zuletzt den Genex-Autos zu verdanken, dass der Karosseriebauer in Neuruppin noch heute erfolgreich arbeitet und ausbildet. „Die Richtbank besorgte ich mir gleich nach der Wende. Kurz darauf hatten wir einen VW hier, auf den ein Baum gefallen war. Mit der Richtbank bogen wir die Karosserie wieder zurecht. Damals waren alle erstaunt, wie wir das hinbekommen haben“, so Hintze.

Das Jahr 1990 war nicht einfach für den Betrieb. Autohäuser entstanden, die neben dem Vertrieb nach und nach Werkstätten mit Lackiererei aufbauten. „Auch zu uns sind damals die Hersteller gekommen. Aber dann hätten wir aus der Innenstadt ins Gewerbegebiet ziehen und viel Geld in die Hand nehmen müssen– das wollte ich nicht. Ich hatte ja schon ein Grundstück“, sagt Kfz- und Karosseriebauermeister Hintze.

Sucht nach „Westautos“

Von seinen damals sieben Mitarbeitern musste Hintze drei entlassen. „Es war eine Sucht nach der Wende, ein Westauto zu kaufen. Die Reparaturen der Trabis und Wartburgs waren nicht mehr nachgefragt“, so der Handwerker. Fast überall musste sich der Betrieb neu aufstellen. Hat die Mannschaft einen Trabi zur Unterbodenpflege mal eben auf die Seite gelegt, brauchte er für die Metallkarosserien wieder die Richtbank. Für die Versicherung musste der Betrieb seine Büroarbeit neu organisieren, in die Schadenkalkulationen arbeitete sich das Team mit Fachbüchern ein.

Gern erinnert sich Wolfgang Hintze an die Innungsarbeit nach dem Fall der Mauer. Die Aufgaben im Gesellenausschuss nahmen enorm zu. „In den Jahren nach der Wende gab es deutlich mehr Lehrlinge als zu DDR-Zeiten, die vielen verschiedenen Fahrzeugtypen machten die Ausbildung umfangreicher und der ursprüngliche Ausbildungsberuf Karosseriebauer wurde unterteilt in die Spezialisierungen Instandsetzung und Fahrzeugaufbau“, so Hintze. Mit dem damaligen Obermeister Gerhard Schmädicke setzte sich die Karosserie- und Fahrzeugbauinnung im Kammerbezirk für ein Mitspracherecht der ostdeutschen Betriebe auf Bundesebene ein. Die westdeutschen Unternehmer waren brennend an den Erfahrungen Hintzes interessiert. „Die wussten gar nicht, dass es im Osten auch Privatbetriebe gab“, so Hintze. Schließlich wurde Schmädicke in den Vorstand der Bundesinnung gewählt.



Dieses Unternehmensportrait erschien in der Ausgabe 2/2020 des Handwerksblattes der Handwerkskammer Potsdam im Rahmen der redaktionellen Serie "30 Jahre Einheit"