Im Deutschen Handwerksblatt 2/21 berichtet Bestattermeister Marc Cramer über die Corona-Situation im Bestattergewerbe"Das macht jeder Friedhof anders"
Das Bestatter-Gewerbe erfährt mit Corona eine verstärkte Aufmerksamkeit in den Medien. Infektionsrisiko, reduzierte Trauerfeiern, gestiegene Hygiene-Anforderungen – Corona stellt die Bestatter vor enorme Herausforderungen.
Laut statistischem Bundesamt gab es im letzten Jahr besonders in den Herbst- und Wintermonaten eine signifikante Übersterblichkeit. Gute Zeiten für Bestatter? Marc Cramer führt seinen Betrieb mit 14 angestellten und freien Mitarbeitern in Neuruppin. Seine Auftragslage ist hoch. Aber neben mehr bürokratischem Aufwand sieht er auch einen Mehrbedarf an emotionaler Unterstützung für die Trauernden. In Brandenburg gibt es keine einheitliche Obergrenze für Trauergäste, es gelten lediglich die allgemeinen Abstandsregeln sowie ein Gesangsverbot. Die Verantwortung für die Anzahl der Trauergäste liegt bei der Stadtverwaltung oder der Kirche.
Über die Regelungen müssen sich Bestatter jedes Mal neu informieren. „Das Schlimmste bisher war, dass nur Angehörige ersten Grades und maximal zwei Personen überhaupt an der Trauerfeier teilnehmen durften“, erinnert sich Cramer. Der fehlende Abschied komme zur ohnehin psychisch belastenden Trauer hinzu. Weitere Herausforderung: „Das Problem sind
nicht nur die kommunal unterschiedlichen Regelungen. Das Problem ist, dass sich das permanent ändert“, so der
Bestattermeister.
Erdbestattungen möglich
Für die Art der Bestattung gibt es ebenfalls unterschiedliche Vorschriften. So gehörte das Virus im ersten Stadium der Pandemie laut Robert-Koch-Institut (RKI) zur Risikoklasse Vier. Damit waren nur Einäscherungen erlaubt. Später stufte das Institut das Virus auf Klasse Drei herunter und machte damit wieder mehrere Bestattungsarten möglich. Cramer: „Das macht jeder Friedhof anders. In Neuruppin beispielsweise sind Erdbestattungen derzeit erlaubt. Allerdings ist hier das Infektionsrisiko hoch, eine korrekte Arbeit extrem wichtig.“ So kann es sein, dass ein Trauernder noch einmal den Sarg berührt. Der dürfe nicht kontaminiert sein. „Deshalb bin ich enttäuscht, dass für die Bestatter noch immer keine Meisterpflicht gilt. In Deutschland kann jeder Bestattungsleistungen auch ohne Ausbildung anbieten.“
Für Erdbestattungen gelten derzeit besonders hohe Hygiene-Anforderungen, von sterilen Tüchern bis hin zum luftdicht erschlossenen und biologisch abbaubaren Plastiksack. Denn laut RKI sind auch Verstorbene weiterhin als Ansteckungsrisiko
zu sehen.
Bestatter sind systemrelevant
Die reduzierten Trauerfeiern stellen Cramer zusätzlich vor wirtschaftliche Herausforderungen. „Die Kunden beauftragen uns mit weniger Leistungen. Und wir haben viele zusätzliche Ausgaben. So holen wir zum Beispiel Verstorbene aus den Krankenhäusern ab und müssen uns täglich auf Corona testen lassen. Dazu kommen Masken und ähnliche Materialien. Diese Kosten tragen wir selbst“, erklärt der 33-Jährige.
Aktuell hat die Branche alle Hände voll zu tun. Da ist es positiv, dass Bestatter seit Januar als systemrelevant gelten. Der Verband der Deutschen Bestatter hat sich lange dafür eingesetzt. Das bedeutet für Cramer mehr Sicherheit bei der Personalplanung, etwa eine gesicherte Kinderbetreuung. Um allen Trauernden aktuell einen Abschied von den
Verstorbenen zu ermöglichen, bietet das Bestattungshaus Cramer an, die Trauerfeier auf Video aufzunehmen. Auf
mehr Zuspruch stoßen Life-Übertragungen der Trauerfeier im Internet, weiß der Bestattermeister. Diesen Service
kann er den Trauernden nicht anbieten. „Dafür reichen die Datenraten hier in der Region nicht aus.“