Geschäftsführer Henry Kniesche
Bernd Gartenschläger
Geschäftsführer Henry Kniesche

Preiswürdiger Handwerksbetrieb - Zukunftspreis Brandenburg geht 2017 an die Kniesche Orthopädietechnik GmbH

And the Zukunftspreis Brandenburg goes to: Kniesche Orthopädietechnik GmbH aus Potsdam! Henry Kniesche nahm am vergangenen Freitag auf Schloss Neuhardenberg aus den Händen des Präsidenten der Handwerkskammer Potsdam Robert Wüst die goldene Stele in Empfang. Die Kniesche Orthopädietechnik GmbH hilft seit Jahrzehnten Menschen dabei, wieder gehen, greifen oder schreiben zu können und führt sein Gesundheitshandwerk mit innovativer Technik und moderner Mitarbeitermotivation. Nach der erfolgreichen Unternehmensübergabe in die nächste Generation hat sich der Familienbetrieb in den vergangenen Jahren zu einem der führenden Anbieter für Prothetik und Hilfsmittelherstellung in Westbrandenburg entwickelt. Dank langjähriger und hoher Ausbildungstätigkeit wird der Fachkräftebedarf gesichert. Vorbildlich ist auch das Engagement der Firma bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Die Kniesche Orthopädietechnik GmbH ist ein Handwerksbetrieb mit intelligentem und erfolgreichem Unternehmenskonzept, das gut für kommende Herausforderungen gerüstet ist und den Zukunftspreis deshalb zu Recht verdient hat.

Technischer Fortschritt und Expertenwissen

Das Mädchen steht im Raum und lässt sich mit dem I-Pad ringsherum abfotografieren. Für die 14-Jährige ist das ein ungewohnter Vorgang. Aber es ist absolut harmlos im Vergleich zu dem, was noch vor ein paar Jahren notwendig gewesen wäre: ein Gipsabdruck des gesamten Oberkörpers. Die Jugendliche ist hier bei Kniesche Orthopädietechnik in Potsdam wegen einer Skoliose in Behandlung. Das ist eine Verformung der Wirbelsäule, die in späteren Jahren zu schweren Problemen führen kann, wenn sie in der Jugend nicht behandelt wird. Um ein orthopädisches Korsett herzustellen, das der Verkrümmung entgegenwirkt, wurde noch bis vor fünf Jahren ein Gipsabdruck genommen. Diese stundenlange Tortur ist jetzt überflüssig. Der Oberkörper wird fotografisch gescannt, aus den Daten entsteht am Computer ein dreidimensionales Modell, das zur Grundlage für das Korsett wird.

Investitionen in Hightech

Besonders in den Messverfahren gibt es derzeit eine rasante Entwicklung, sagt Henry Kniesche, Inhaber der Kniesche Orthopädietechnik GmbH. „Wir haben viel in Hightech-Verfahren investiert“, erklärt der 37-Jährige, der selbst einen Meistertitel als Orthopädietechniker vorweisen kann. Durch Scannen des Oberkörpers kann zum Beispiel ganz einfach eine Haltungsanalyse durchgeführt werden, um durch Schuheinlagen Haltungsschäden zu korrigieren. Im Mittelpunkt stehe aber weiterhin der Fachhandwerker mit seiner Erfahrung. Schließlich kommt es darauf an, sich in das Gegenüber einzufühlen, den Menschen, dem das orthopädische Hilfsmittel helfen soll. Da ist der geschulte Blick des Experten noch immer der Technik überlegen.

Die Kniesche Orthopädietechnik GmbH, die zu den diesjährigen Gewinnern des Zukunftspreises Brandenburg gehört, hat ihre Wurzeln in der Orthopädie-Werkstatt der Potsdamer Oberlinklinik. 1999 wurde sie als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert. Schwerpunkte sind Orthopädietechnik, Orthopädie-Schuhtechnik, Kinderorthopädie, Reha-Technik und Sanitätsfachhandel. „Schon mein Vater war Orthopädietechnikmeister im Oberlinhaus, da gab es für mich nie etwas anderes“, sagt Henry Kniesche, der auch im Vorstand des Fachverbands Orthopädietechnik Nordost und der Landesinnung ist.

Ein Schwerpunkt für die Spezialisten von Kniesche ist die Fertigung von Orthesen. Das sind Schienen, die beispielsweise zur Stabilisierung oder Ruhigstellung von Armen oder Beinen eingesetzt werden. Bei Sportverletzungen etwa können sie das Gelenk stabilisieren. Früher oft aus Metall und Leder gefertigt, kommen für Orthesen heute insbesondere moderne Materialien wie Karbon, Silikon und Glasfasern zum Einsatz. Grundlage ist hier meist ein Gipsabdruck. Auch Hand-, Arm-, Bein- oder Fußprothesen werden bei Kniesche angefertigt. Ziel ist jeweils, für den verloren gegangenen Körperteil einen „bestmöglichen Ausgleich nach Stand der Technik“ zu erreichen, so Henry Kniesche. Und möglich ist bereits viel, wobei angesichts der hohen Preise für die Prothesen oft ein zäher Kampf mit der Krankenkasse notwendig ist.

Die Funktionsteile, etwa Knie- oder Fußgelenke, stammen aus industrieller Produktion und werden zugekauft. Die Prothese als solche ist aber immer eine Maßanfertigung, die individuell an den Patienten angepasst wird.

Noch scheint es ein weiter Weg zu sein, bis Betroffene mit einer künstlichen Hand wirklich differenziert und zuverlässig greifen können oder gar Empfindungen wie in einem natürlichen Körperteil haben. Aber der medizinische Fortschritt ist rasant. „Wir werden eine voll funktionsfähige Handprothese noch erleben“, meint jedenfalls Henry Kniesche. Selbst Exoskelette, mit denen Querschnittsgelähmte wieder gehen können, müssen aus seiner Sicht keine Science-Fiction-Märchen bleiben.

Auf dem Weg dorthin aber wird bei der Kniesche Orthopädietechnik GmbH in Potsdam ganz bodenständig gearbeitet – auch mit Handarbeit, im Gipsraum etwa. Selbst bei der Produktion von Korsetts muss am Ende, nach vielen hochtechnisierten Arbeitsschritten, das fertige Stück von Hand zusammengestellt werden. (Ulrich Nettelstroh)

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Winfried Mausolf



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