Klageverzicht kann zu Sperrzeiten führen

Die Bundesagentur für Arbeit kann bei "versicherungswidrigem Verhalten" eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu 12 Wochen verhängen. Bisher musste ein Arbeitnehmer nur bei eigener Kündigung oder bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einer solchen Sperre rechnen.

Urteil des Bundessozialgerichts 
Mit Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.12.2003 (Az.: B 11 AL 35/ 03 R) wurde nun entschieden, dass auch dann eine Sperrzeit verhängt werden kann, wenn ein Arbeitnehmer mit seinem Chef innerhalb der für Kündigungsschutzklagen geltenden 3-Wochenfrist eine Vereinbarung über die Hinnahme einer arbeitgeberseitigen Kündigung trifft.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt hatte. Nach Erhalt der Kündigung trafen beide eine Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer erklärte, bei Zahlung einer Abfindung auf Einreichung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten (sog. Abwicklungsvertrag). Nach Arbeitsvertragsende meldete sich der Arbeitnehmer arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit lehnte jedoch den Antrag wegen Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit ab.

Das BSG hat in seinem Urteil die Ablehnung der Bundesagentur für Arbeit nun grundsätzlich bestätigt. Zwar sei ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet, zur Vermeidung einer Sperrzeit gegen eine rechtswidrige Kündigung zu klagen. Werden jedoch nach Ausspruch einer Kündigung mit dem Arbeitnehmer Vereinbarungen geschlossen, die die Kündigung absichern sollen, sei dies als aktive Beteiligung des Arbeitnehmers an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zu werten und führe grundsätzlich zu einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeldbezug. Etwas anderes könne nur gelten, wenn nach Ablauf der Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage oder ohne vorherige Absprachen in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren Vereinbarungen getroffen werden.

Anstieg der Arbeitsgerichtsverfahren zu befürchten 
Angesichts einer drohenden Sperrzeit dürfte es daher künftig bei Streitigkeiten um die Wirksamkeit einer Kündigung kaum mehr möglich sein, außergerichtlich eine einvernehmliche Regelung zwischen den Arbeitsvertragsparteien abzuschließen. Zusätzlicher Kosten- und Zeitaufwand für Arbeitsgerichtsverfahren und eine Mehrbelastung der Arbeitsgerichte sind die Folge.

Nicht hilfreich erscheint auch die seit dem 01.01.2004 neu bestehende Möglichkeit nach § 1 a Kündigungsschutzgesetz. Danach kann der Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen in der Kündigungserklärung zwar anbieten, dem Arbeitnehmer 0,5 Bruttomonatsverdienste pro Beschäftigungsjahr als Abfindung zu zahlen, wenn Kündigungsschutzklage nicht erhoben wird. Insoweit ist jedoch nun unklar, ob die Sperrfrist bei diesen ?Kündigungen mit Abfindungsangebot" ebenfalls verhängt werden kann. Zudem dürften zahlreiche Handwerksbetriebe angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituation ohnehin nicht in der Lage sein, Abfindungen in vorgenannter Höhe anzubieten.

Marcel Pissarius

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