Unternehmensgespräche in der Prignitz Vorstand vor Ort
Das Fazit der Prignitz-Tour der Handwerkskammer Potsdam im Rahmen „Vorstand vor Ort“ am 3. November fasst der Präsident der Handwerkskammer, Robert Wüst, kurz und bündig zusammen: „Große Probleme haben die Handwerksbetriebe in der Prignitz nicht. Womit aber fast alle kämpfen, sind Personalsorgen!“
Im Gespräch zwischen Wüst und Bäckermeister Ulf Schumacher in Berge wurde besonders deutlich, welchen Stellenwert das Handwerk für die Menschen auf dem Land hat. Jeden Morgen um 3 Uhr steht Schumacher mit seinen Mitarbeitern in der Backstube und knetet den ersten Teig; samstags schon ab 0 Uhr. „Feierabend ist, wenn wir fertig sind“, so der 50-Jährige, der das Geschäft in der vierten Generation führt, seit 20 Jahren alleiniger Chef ist und bei dem fünf Mitarbeiter angestellt sind. Es gibt noch weitere Bäckereien in der Region, aber viele andere haben die Segel gestrichen. Ulf Schumacher weiß, wie wichtig sein Geschäft für einen kleinen Ort ist: „Es ist nicht nur eine Bäckerei, sondern zudem ein sozialer Treffpunkt für die Einwohner. Auch in Corona-Zeiten.“ 15 verschiedene Brötchen- und zwölf verschiedene Brotsorten gehen an sechs Tagen in der Woche über den Ladentisch. Dazu kommen mehrere Sorten Kuchen und Teilchen. Sorgen macht Ulf Schumacher der mittlerweile gebremste Warenfluss. Wo früher binnen kurzer Zeit die benötigten Waren zur Verfügung standen, muss er sie heute acht Wochen vorher bestellen, damit er für seine Produkte alle Zutaten hat. Dass die Supermärkte oder Discounter ihm und seinen Berufskollegen den Rang ablaufen, sieht er nicht. „Ich denke immer noch, dass die Qualität entscheidet.“ Ulf Schumacher hat fünf Kinder. Derzeit sieht es nicht unbedingt danach aus, dass jemand von ihnen in seine Fußstapfen tritt. „Aber mit 50 sollte man langsam anfangen, sich Gedanken über die Nachfolge zu machen“, meint er.
Dieses Thema ist bei der Firma Nusch GmbH & Co. KG schon geklärt. Kathrin Strauch leitet das Pritzwalker Unternehmen seit 2005 in fünfter Generation, die sechste steht – wenn es so weit ist – mit dem Schwiegersohn bereits in den Startlöchern. Er arbeitet seit zwei Jahren im Büro mit. Das Unternehmen spezialisierte sich auf „Rohrvortriebsarbeiten“. Dabei werden horizontale Kanäle in die Erde gebohrt, zum Beispiel für Wasser-, Abwasser- oder Gasleitungen. Angewandt werden insbesondere das gesteuerte Bohrpressverfahren und das gesteuerte Horizontalspülverfahren. Die Technik ist hochmodern. 17 Frauen und Männer sind im Betrieb beschäftigt. Diese Zahl ist seit Jahren konstant. „Es ist wirklich schwierig, Arbeitskräfte zu bekommen. Im Moment ist es so, dass wir nicht genügend Personal haben, um die gesamte Technik effektiv nutzen zu können“, sagt Geschäftsführerin Kathrin Strauch. Bei Nusch sind auch Quereinsteiger willkommen. Die Chefin versucht, auf die Kollegen einzugehen, bemüht sich um Baustellen, die in der Region sind, und bietet im Winter Schulungen an. Freitags lassen alle die Woche bei Kaffee und Kuchen ausklingen. Grillfest oder Weihnachtsfeier gehörten auch dazu. „Ich möchte, dass in unserem Familienunternehmen auch ein familiäres Flair bei der Belegschaft herrscht.“
Auf eine bewegte 70-jährige Tradition blickt die Hans Garkisch Elektroanlagenbau GmbH zurück – nicht nur wegen der Enteignung 1972 und Rückübertragung 1991. Das Perleberger Unternehmen gehört zum Schwergewicht der heimischen Wirtschaft, hat 27 Mitarbeiter und drei Auszubildende (Elektrotechniker, Fachrichtung Gebäudetechnik). „Leider sind die Azubis nach der Ausbildung fast immer weg“, bedauert Thilo Garkisch, gemeinsam mit Michael Grünberg Geschäftsführer der Firma. Auch „fertige“ Mitarbeiter seien kaum zu finden. Über einen Mangel an Aufträgen können die Perleberger nicht klagen. Thilo Garkisch kritisiert im Gespräch mit dem Präsidenten die späte Zahlung der Corona-Hilfen. Das Geld von Oktober 2020 sei erst vor wenigen Tagen eingegangen.
Im Rahmen der Betriebsbesuche tauschten sich neben dem Kammerpräsidenten auch der Vizepräsident Burghard Ehlert und Vorstandsmitglied Dörte Thie mit Handwerkerinnen und Handwerkern in der Prignitz aus. Besucht wurden dabei auch die Jürgen Hildebrandt GmbH, Plattenburg OT Kletzke die Haar und Pflege GmbH Pritzwalk, Lublow Bedachungen Pritzwalk, Brillen Käpernick Pritzwalk, die Tischlerei Maik Westphal Karstädt OT Pröttlin sowie der Schornsteinfegermeister Uwe Schlabach in Premslin.
